Gutes Sehvermögen ist wichtig – erst recht beim Autofahren! Denn rund 90 Prozent aller Sinneseindrücke werden dabei über die Augen aufgenommen, weshalb gutes Sehvermögen im Straßenverkehr eine entscheidende Rolle spielt – sowohl bei Tag als auch bei Nacht.
Fachleute schätzen, dass etwa sieben Prozent aller Unfälle auf schlechtes Sehvermögen zurückzuführen sind. Damit liegt dieser Anteil in etwa auf dem Niveau der Unfälle, die durch Alkohol verursacht werden.
Besonders problematisch ist, dass sich Sehdefizite häufig schleichend und unbemerkt entwickeln, vor allem mit zunehmendem Alter. Andrea Häußler vom TÜV-Süd warnt, dass Kraftfahrer, die andere Verkehrsteilnehmer zu spät erkennen, Verkehrsschilder schlecht lesen oder Geschwindigkeiten falsch einschätzen, ein erhebliches Risiko für sich und andere darstellen. Sie empfiehlt daher regelmäßige Augenuntersuchungen.
In Deutschland ist ein Sehtest für Autofahrer lediglich bei der Ersterteilung des Führerscheins verpflichtend. Weitere Kontrollen sind nur für Lkw- und Busfahrer sowie für Personenbeförderer vorgeschrieben, und auch das nur in bestimmten Altersabständen.
Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass andere Länder strengere Regelungen haben: In den Niederlanden müssen Autofahrer ab 70 Jahren alle fünf Jahre zum Gesundheitscheck, in Schweden und Großbritannien alle drei Jahre. Spanien verlangt ab 45 Jahren alle zehn Jahre einen Hör- und Sehtest, ab 70 sogar alle zwei Jahre.
In Deutschland hingegen gibt es eine gesetzliche Pflicht zur Überprüfung der Sehfähigkeit nur für Bewerber, für die eine Verlängerung bestimmter Führerscheinklassen ab dem 50. beziehungsweise 60. Lebensjahr notwendig ist.
Die Diskussion um verpflichtende Sehtests ist vielschichtig. Während Gegner auf Freiwilligkeit und Datenschutz pochen, betonen Befürworter die Bedeutung der Verkehrssicherheit. Häußler spricht sich für eine freiwillige Kontrolle aus, bei der die Untersuchungsergebnisse vertraulich bleiben und keine Angst vor dem Entzug der Fahrerlaubnis bestehen sollte.
Statistisch gesehen trägt jeder zweite Autofahrer eine Brille oder Kontaktlinsen. Veränderungen des Sehvermögens betreffen dabei nicht nur ältere Menschen: Besonders zwischen dem 14. und 28. Lebensjahr kann sich das Sehvermögen deutlich verschlechtern. Erste Warnsignale sind brennende, müde Augen sowie Kopf- und Nackenschmerzen. Eine frühzeitige Sehprüfung kann hier Klarheit schaffen.
Wer bereits tagsüber schlecht sieht, hat nachts besonders große Schwierigkeiten. Neben der Tagessehschärfe prüfen Augenärzte und Optiker auf Wunsch auch die Blendempfindlichkeit und das Sehvermögen bei Dämmerung und Nacht.
Kritisch wird es, wenn Kurzsichtigkeit mit Nachtmyopie zusammentrifft. Nachtmyopie, auch als Nachtkurzsichtigkeit bezeichnet, ist ein Phänomen, bei dem das Sehvermögen bei Dunkelheit oder Dämmerlicht abnimmt und entfernte Gegenstände unscharf wahrgenommen werden.
Bei Betroffenen wird dann das Licht entgegenkommender Fahrzeuge gestreut, Lampen erscheinen als Lichtkränze. Spezielle Brillen können in solchen Fällen Abhilfe schaffen. Eine erhöhte Blendempfindlichkeit kann zudem auf eine Trübung der Augenlinse hindeuten, die ärztlich behandelt werden sollte.
Quelle: TÜV-Süd, Foto: AdobeStock