Während die Automobilbranche insgesamt mit rückläufigen Neuwagenzahlen kämpft, erweisen sich die deutschen Kfz-Werkstätten als überraschend robust. Eine aktuelle Halbjahresumfrage des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) unter knapp 500 Betrieben zeigt: Das Werkstattgeschäft entwickelt sich zum entscheidenden Stabilitätsfaktor der gesamten Branche.
Die Zahlen sprechen dabei eine deutliche Sprache: 31 Prozent der befragten Betriebe verzeichnen eine gestiegene Nachfrage bei Reparatur und Wartung. Fast die Hälfte aller Werkstätten meldet stabile Aufträge – ein bemerkenswertes Ergebnis in wirtschaftlich unsicheren Zeiten.
Der Grund für diese positive Entwicklung liegt dem ZDK zufolge in dem veränderten Kundenverhalten: Sowohl private als auch gewerbliche Kunden verzichten zunehmend auf kostenintensive Neuwagenkäufe, investieren stattdessen lieber in die Pflege und Instandhaltung ihrer bestehenden Fahrzeuge. Konsequenz: Die Autos werden im Durchschnitt immer älter und benötigen entsprechend mehr fachkundige Betreuung.
„Reparatur und Wartung sichern derzeit die wirtschaftliche Substanz vieler Betriebe“, erklärt Detlef Peter Grün, Vorsitzender des Zentralverbands des Kraftfahrzeughandwerks (ZVK) und gleichzeitig ZDK-Vizepräsident sowie Bundesinnungsmeister des Kfz-Handwerks.
Und weiter: „Wenn Neuanschaffungen geschoben werden, rückt das vorhandene Fahrzeug wieder stärker in den Mittelpunkt. Unsere Werkstätten beweisen dabei täglich ihre Kompetenz und Kundenbindung.“
Diese Entwicklung spielt besonders den qualifizierten Fachwerkstätten und Kfz-Meisterbetrieben in die Hände, die mit technischer Kompetenz und Kundennähe punkten können. Während andere Branchen unter der wirtschaftlichen Unsicherheit leiden, wird das Servicegeschäft zum Puffer gegen Umsatzrückgänge in anderen Bereichen.
Bemerkenswert ist dabei ein Trend, der auf den ersten Blick überrascht: Je kleiner der Betrieb, desto optimistischer die Einschätzung der Geschäftsentwicklung.
39 Prozent der Firmen mit bis zu 15 Beschäftigten bewerten gemäß ZDK-Angaben die Auftragslage bei Reparaturen und Wartungen positiver als noch zu Jahresbeginn. Bei mittleren Betrieben (16-50 Mitarbeiter) seien es nur 25 Prozent, bei größeren Unternehmen sogar nur 24 Prozent.
Gleichzeitig schätzten lediglich 17 Prozent der kleineren Betriebe die Auftragsentwicklung negativ ein – deutlich weniger als mittlere (20 Prozent) und größere Unternehmen (25 Prozent). Dies deute darauf hin, dass inhabergeführte Meisterbetriebe und kleinere Fachwerkstätten durch ihre Flexibilität und Kundennähe besonders gut auf die veränderten Marktbedingungen reagieren könnten.
Trotz der positiven Entwicklung im Servicebereich trübe sich das Gesamtbild der Branche jedoch ein. 43 Prozent der befragten Betriebe beurteilen laut ZDK-Befragung ihre aktuelle Geschäftslage schlechter als zu Jahresbeginn, 44 Prozent haben ihre Umsatzerwartungen nach unten korrigiert. Nur jeweils 20 Prozent zeigten sich in beiden Punkten optimistisch.
Die größten Herausforderungen sehen die Unternehmer derzeit in der Überregulierung und Bürokratie, gefolgt von steigenden Steuern und Abgaben, allgemein steigenden Kosten sowie Schwierigkeiten beim Recruiting qualifizierter Fachkräfte. Auch die allgemeine Kaufzurückhaltung der Verbraucher bereite den Betrieben Sorgen.
Interessant ist auch die Bewertung der aktuellen Regierungsarbeit durch die Branche: 60 Prozent der Befragten bewerten laut dem ZDK die Arbeit der schwarz-roten Koalition bislang als „befriedigend“ bis „sehr gut“. Allerdings stamme diese positive Benotung überwiegend von größeren Betrieben (79 Prozent), während kleinere Unternehmen deutlich kritischer seien (nur 52 Prozent positive Bewertungen).
„Viele Betriebe sehen den Kurs der Bundesregierung bislang verhalten positiv“, sagt Grün. „Doch gerade kleinere Unternehmen spüren wirtschaftlich und strukturell oft stärker, wo Versprechen noch nicht eingelöst sind.“ Die Politik müsse näher an die betriebliche Realität rücken und Steuererhöhungen sowie bürokratische Belastungen vermeiden.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass gut aufgestellte Kfz-Meisterbetriebe und Fachwerkstätten trotz schwieriger Rahmenbedingungen durchaus Chancen haben. Ihre technische Expertise wird in Zeiten alternder Fahrzeugflotten immer wichtiger.
Das Servicegeschäft erweist sich als verlässlicher Stabilitätsfaktor, der der gesamten Branche Halt gibt – ein Beweis für die Bedeutung qualifizierter handwerklicher Arbeit in der Automobilwirtschaft.
Die ZDK-Umfrage wurde bis zum 2. Juli 2025 unter 478 Autohäusern und Kfz-Betrieben unterschiedlicher Größe durchgeführt und spiegelt damit nach eigenen Angaben ein repräsentatives Bild der deutschen Kfz-Branche wider.
Quelle und Foto: Coparts